Tough Viking Oslo (NOR) – 02.06.2018

Vor etwa einem Jahr bin ich wie so oft, mehr durch Zufall denn durch Absicht, über eine weitere Laufserie in Skandinavien gestoßen, welche sich mir im Hinterkopf festsetzte. Es waren nur ein paar Bilder und ein eingängiges Video zu einer Veranstaltung aus der Laufserie Tough Viking.Einige knappe Schnitte über schwingende, rutschende und mit Bulgarian Bags beladene Athleten reichten aus … tjo, so leicht bin ich nun halt mal zu begeistern bzw. tragen das Land und die Veranstaltung an sich schon einiges zu meiner Neugier bei. Nachdem Fronleichnam einen freien Donnerstag und meine großzügige Chefin mir am Freitag Urlaub gewährte, stand der kurzfristig angesetzten Teilnahme am Tough Viking Oslo am 02.06.2018 nichts mehr im Wege.

Ein bisschen Mehr von allem

Ich beschloss also, mit nur etwa vier Wochen Vorlaufzeit ein Laufticket, einen Flug und ein Hotel in Oslo zu buchen. Dass Oslo zu den teuersten Städten weltweit gehört, war mir nicht verborgen geblieben. Also schluckte ich kurz bei den inserierten Preisen und zog es dann halt durch. Da ich schon am Donnerstagvormittag anreiste, suchte ich mir ein nettes „günstiges“ Hotel in halbwegser Innenstadtnähe.

Mit dem Smarthotel Oslo machte ich einen perfekten Fund. Ein ganz modernes Hotel ohne Schnickschnack, mit gutem Frühstücksbuffet und das ganze in nur fünf Gehminuten vom Königspalast entfernt. Gleich ums Eck ein vergleichsweise preisgünstiger Supermarkt (10er Sushi Set für rd € 6). So besichtigte ich am Donnerstag die überschaubare Innenstadt an und ließ am Freitag die Seele bei spannender Lektüre und Baden auf der kleinen Fjordinsel Hovedoja baumeln.

Wer rastet der rostet

Viel zu schnell verging die Zeit beim Müßiggang und dann war es auch schon Samstag. Das was ich an den Rennen in Skandinavien sehr schätze, ist die vergleichsweise strenge aber auch gut geregelte Norm für Eliteteilnehmer. Beim ToughViking muss man als Mann nachweislich 10 km in max. 38 Minuten (Herren) bzw. 42 Minuten (Damen) laufen können. Alternativ werden auch vordere Platzierungen anderer bekannter Laufserien anerkannt. Da ich weder über das eine noch über das andere verfüge, startete ich in der Normalowertung um 12:20 Uhr.

Herrlich war es … ausschlafen, genüsslich und ohne Zeitdruck das Frühstücksbuffet durchkosten und dann in aller Ruhe mit der U-Bahn (Linie 1) zum Gelände fahren. Der Tough Viking fand heuer im Oslo Winterpark statt, welcher sich nahe der Station Voksenkollen befindet. Während sich die U-Bahn (verläuft hier oberirdisch) den Berg hochschlängelt, hat man einen malerischen Blick über den Fjord und Oslo. In der Stadt und unterwegs füllte sich die Bahn stetig mit Läufern und ein für norwegische Verhältnisse angeregtes Plappern breitete sich im Zug aus.

VokSenkollen

An der Station Voksenkollen lachte die Sonne herzlichst von Himmel und sorgte schon vorab auf den zehn Gehminuten hin zum Gelände für ordentliche Schweißausbrüche bei mir. Ich kam bewusst gut 1,5 Stunden vor meinem Start an, um noch ein wenig Zeit zu haben, mir Hindernisse & Co anzusehen. In gewohnter Weise gab es da einen Merchandisestand, die Registration, eine Verpflegungsstation, ein Sanizelt und eine kleine Bühne, von der mit mächtigen Bässen die Startwellen angeheizt wurden. Ich fasste schnell meine Startunterlagen aus und verzog mich erstmal in den Schatten. Gleich neben dem Start lockte ein kleines Wäldchen. Hier gesellte ich mich zu einer Reihe hitzegeplagter Nordländer und schaute dem Treiben ringsum ein wenig zu.

Tough Viking

Nun ja, allzu viel bekommt man hier nicht fürs Geld, aber es ist halt mal so bei Hindernisläufen und irgendwie dann doch wieder ein bisschen mehr im Norden bzw. beim Tough Viking. Der Startplatz regulär bezogen kostet bis zwei Monate vor dem Event gut € 90. Dafür bekommt man eine Medaille, Wasser auf der Strecke und ein RedBull plus Müsliriegel im Ziel. Ja, richtig gelesen. Ein Finisher Shirt gibt es für rd. € 30 extra. Nicht, dass die Shirts nicht sehr hochwertig waren (Under Armour Heat Gear), aber ich persönlich mag halt schwarz nicht. So musterte ich das schön gemachte Leiberl und legte es aber wieder zurück.

Vikings are you readyyyyyyyyyy

Die Sonne laut lachend über meinem Haupt, ließ ich das Aufwärmen mit meiner Startwelle eher gelassen an mir vorüberziehen und machte mir eher Gedanken, wie ich an dem ersten Hindernis „schadlos“ vorbeikommen könnte. Ein kurzes Stück bergauf nach dem Start wartete eine Meute Footballspieler, durch welche man sich einen Weg bahnen musste. Ich brauche wohl nicht zu sagen, dass die Herren mit ihren Schaumstoffpolstern mächtig Spaß mit dem Großteil der ankommenden Läufer hatten.

Kurz vor dem Öffnen des Startbereichs schob sich von rechts eine lettische Wand, bestehend aus acht Athleten vor mich. Fünf der Kollegen waren von gar kräftigem Wuchs und wurden von deren Ältesten gleich mal instruiert, vorne den Weg durch die Footballer zu bahnen. Ich spreche zwar kein Lettisch, aber die Gestik konnte ich deuten. Warum ich wusste, das es Letten sind? Auf ihren Shirts war groß „Latvian Bearslayers“ zu lesen. Listig wie ich bin, drängte ich mich beim Einlass in den Startblock dicht an diese Titanen, da ich keine Lust auf das Geschubse mit den Footballern hatte.

Strecke

Speerspitze

3… 2… 1… let’s go Vikings … mit Gebrüll auf ins Gefecht zogen wir pünktlich los. Mein Plan ging vollends auf. Dicht hinter zwei mächtigen Letten kam ich zu den Footballern, die aber durch die Bodychecks „meiner Speerspitze“ schnell auseinander barsten. So schlüpfte ich unbeschadet durch die Lücke und versuchte so gut es ob der Temperaturen ging, meinen Laufrhythmus zu finden. Ein kleines Stück durch den Wald und dann ging es gleich ab auf eine Piste. Oben warteten die „Ninja Steps“ – seitlich versetzte schräge Holzplatten (ca 70x70cm, je drei auf jeder Seite) die es im Zickzack-Wechselsprung zu bewältigen galt. Mit meinen langen Beinchen war das schnell erledigt und weiter gings bergab.

Auf dem Weg nach unten galt es noch einen Cargo-A-Frame zu überklettern und dann war man auch schon bei einem sehr willkommenen Wasserhindernis angekommen. Einmal kurz tauchen und wieder hoch die Piste Die Inverted Wall war sehr nett gemacht und mit etwa zwei Metern Höhe nicht weiter schwierig. Zurück am Gipfel gab es dann etwas für mich Neues, die „Plates“. Im Prinzip handelt es sich dabei um zwei aufeinander folgende Tischplatten, die von der Decke hängen.

Tischplatten

Mit Schwung, Geschick und auch ein bisserl Glück (beim Übergang der zwei Platten) meisterte ich das Hindernis aber tadellos und spurte mit einem Egoboost die Piste wieder hinunter. Auf dem Weg nach unten fanden sich die letzten Reste des Winters in Form von drei Schneehäufen, auf denen ein Balken zum drunter durch (a.k.a. Under) thronte. Mit einem eleganten Powerslide rutschte ich durch und erfreute mich am kühlen Ars… äh Popo. 😊

Vikinger in der Hitze

Die Strecke verlief nur sehr wenig auf ebenen Untergründen, weshalb ich die kleinen Zwischenstücke auf Schotterstraßen sehr genoss. Steil bergauf, steil bergab, steil bergauf, steil bergab … wieder mal unten angekommen stand da das Multimonkeyrig. Ich schnaufte erstmal kurz durch und sah mir das Ding aus der Nähe an. Zwei kurze aber recht dicke Seile, gefolgt von zwei bodenlangen Seilen und dann vier Ringe … huiuiui … Fallobst war hier angesagt bei vielen derer, die sich da versuchten. Ich fackelte nicht lange und sprang auf das zweite kurze Seil und holte mit den Beinen das nächste lange heran. Mit den Beinen erstmal fest eingehakt, weiter auf das nächste Seil und dann auf die Ringe. Affengleich verlief das Ganze bei mir und so setzte ich mit einem Telemark und grinsend am anderen Ende zur Landung an. Egoboost die zweite!!

Die Piste wieder hoch kam das Seilklettern, welches sich für mich überraschend anstrengend gestaltete. Die Seile waren ungewohnt dick und steif, sodass meine Beinchen gut zu tun hatten um den widerspenstigen Strick zu bändigen. Doch recht geschlaucht läutete ich oben an und setzte dank Handschuhen zum flotten Abstieg an. Ein kurzes Stück ging es weiter parallel zum Hang und dann wieder hinunter, diesmal in eine Senke mit etwas flachem Laufanteil.

Schnell den Bulgarian Bag geschultert, eine kleine Schleife damit absolviert und dann wieder hinunter von der schönen schattigen Schotterstraße … bäääähhhh.

Halbzeit

Ein zwischenzeitlicher Blick auf die Uhr offenbarte mir, dass ich bereits knappe 5 km absolviert hatte und somit die Hälfte schon geschafft war. Mein hochroter Kopf verkündete mir eindringlich, dass für heute auch bald mal Schluss mit lustig sein würde, wenn es denn so weiter ginge. Kurz vor der nächsten Labe stand ein Hindernis, auf das ich mich schon lange gefreut hatte. Es waren die Räder. Fünf senkrecht stehende, gut zu greifende Räder, die ich wieder affenartig absolvierte. Yaaaayyy … bei der Labe gönnte ich mir einen Becher gegen den Durst und zwei für den Kopf. Hinunter über eine Piste ging es weiter bis fast ganz ins Tal. Auf dem Weg gab es einen langen aber einfachen Balancebalken und ein Cargonetz zum Durchkrabbeln, bevor es wieder hoch mit einer kurzen „Verschnaufpause“ auf einer Schlapp… äh Slackline ging. Da war leider keinerlei Spannung mehr drin. Als nächstes einmal Tarnnetzrobben und dann … wie jetzt echt?

Olympus

Dann stand da ein Olympus im Hang. Der Tough Viking Olympus ist allerdings nur mit Löchern und Ketten versehen und hat zwei Seiten. Letzteres wusste ich nicht und wählte so die schwierigere Seite. Diese steht nämlich fast senkrecht. Nachdem mein Puls dank der Anstiege in der unbarmherzigen Sonne an den Schläfen hämmerte, ließ ich an der Hälfte los und begab mich in die Strafrunden. Fünf Runden im Kreis um zwei Hütchen, die etwa 15 Meter entfernt voneinander standen. Kurz durchgeschnauft und weiter ging es die Piste hoch.

Das dicke Ende kommt zum Schluss

Nach ein wenig „Traktorpulling“, einem vertikalen Cargonetz und natürlich wieder einem knackigen Anstieg gab es kräftig etwas auf die Arme. Zwei 20 Liter fassende Kanister, die randvoll gefüllt waren, galt es eine kleine Runde bergauf und bergab zu tragen. Der Boden im überwiegenden Teil durch ein munter glucksendes Bächlein sehr tief, machte die Sache nicht unbedingt leichter. War ich froh, als ich die Runde hinter mir hatte und weiter bergauf trottete. In Sichtweite kam langsam wieder die Bergstation, an der das ultimative Highlight des Laufs wartete. Es waren die “Atlassteine”.

Atlasstones Tough Viking

„Ach herrje, wie soll ich das bloß schaffen“ fragte mich meine innere Stimme, als ich bei der Station ankam. Es galt hier einen Slamball mit 80 kg bei den Herren und 50 kg bei den Damen auf ein Ölfass zu hieven. In der sengenden Sonne lagen die Teile da wie gestrandete Wale. Schnaufend, prustend und fluchend setzten ringsum die Herren mit deutlich dickeren Ärmeln als ich an, diese Monster hochzuwuchten. Teils mit Erfolg, größtenteils aber nicht .. oder eben nicht gleich beim ersten Mal. „Hilft alles nix“ dachte ich mir und schritt hin zu einem der Monster. Den ersten Versuch startete ich, indem ich die Steine auf den Oberschenkel rollte und dann mitsamt dem Haxen hoch auf Bauchhöhe wuchtete. Leider scheiterte ich dabei kläglich. Kurz aber lautstark fluchend setzte ich mit neuer Taktik an.

Lauch 1 – Kugel 0

Die Atlassteine in Edinburgh bekam ich immer gut hoch, wenn ich meine Ärmchen einfach drunterquetschte und dann mit den Beinen hochzog. Ich wutzelte also meine Unterarme unter das Monster, ging in einen tiefen Squat und tatsächlich, das Ding gelangte in die Höhe. Mit zweimaligem Nachgreifen hatte ich es sicher in Hüfthöhe und „bauchstößelte“ die Kugel auf die Tonne. Lauch 1, Kugel 0 …. hahahahahaha … Triumphierend zog ich von dannen, überquerte noch einen Cargoframe, robbte ein Stückerl, während ich ausgiebig gewässert wurde und holte mir beim letzten Hindernis (Strom) zwei kräftige Watschen ab.

Froh, dass die Hitzeschlacht erfolgreich geschlagen wurde, überquerte ich die Ziellinie und setzte mich schnurstracks in den Schatten unter ein Zelt. Die Dose des bullischen Kracherls zischte wohlig meine trockene Kehle hinab und der Zucker half mir wieder auf die hitzegeplagten Beine. Nach 01:33:33 Stunden war es geschafft und ich reihte mich in die Ruhmeshalle der Tough Vikings ein.

Mein Fazit Tough Viking

Der Tough Viking ist mit Preisen ab € 65 vergleichsweise teuer für die Länge der Strecke, aber das ist in Nordeuropa eben so. Die Hindernisse sind gut auf der Strecke verteilt und reichen von einfach (Over, Under, Cargonetze) über Geschicklichkeit (Monkeyrig, Plates, Ninjasteps) bis hin zu echt zaaach (Slamballs). Mit Ausnahme der Slacklines war alles bis zur letzten Startwelle (ich war in der vorletzten) picobello in Schuss und konnte ohne größere Wartezeiten (weil überall mindestens acht Bahnen vorhanden waren) bewältigt werden. Bei den Labestationen gab es ebenfalls bis zum Ende ausreichend Wasser, aber eben auch NUR Wasser. Der Tough Viking Oslo war letztlich auch mit 9KM und 500HM streckentechnisch fordernd.

Die Zeit/die Platzierung in der NICHT ELITE KLASSE kann man so nicht wirklich als Maßstab heranziehen, da es den AthletInnen selbst überlassen ist, ob sie die Strafrunden laufen oder nicht. Ich für meinen Teil bin nur am Olympus gescheitert und habe brav die fünf Runden absolviert. Der Tough Viking verdient allemal seinen Namen und sieht mich an einem anderen Ort ziemlich sicher wieder.

(Florian “Lord of the North” Zuschnig)

 

Ergebnisse: hier

Homepage des Tough Viking: hier

Ein Video von der Strecke hier