Ultimate OCR Åkersberga (SWE) – 04.05.2019

Heja Sverige ich komme wieder … das dachte ich mir 2016 als ich nach einer derben Bänderverletzung leider nur als Zuseher zum Toughest Stockholm reiste. Die Zeit verging und es dauerte bis 2019, bis mich meine EU-OCR-Tour wieder nach Schweden führte. Letztes Jahr hatte ich restlos die Lust an Spartan Race verloren und suche mir daher nur mehr andere Läufe bzw. Laufserien. Der Ultimate OCR in Åkersberga genießt den Status als Möglichkeit zur OCR EM und WM Qualifikation und so wurde nach kurzer Videorecherche auch flott ein Laufticket erworben. 9+km mit 40 Hindernissen versprechen eine ausreichende Herausforderung und die dafür zu Buche stehenden € 65 finde ich ebenfalls in Ordnung.

6 harte Monate
Durch die beim Reborn Ledreborg erlebte totale (Hindernis)Zerstörung meiner selbst, trat ich an meine Powerfrau des Vertrauens (Verena) heran und bat sie um einen Trainingsplan. Das Ziel war klar gesteckt, es müssen Muckis her um bei einem skandinavischen OCR die Hindernisse zu bewältigen. Ich schwärme bewusst von Skandinavien als OCR Land, da hier die Qualität und der technische Anspruch deutlich höher ist als in der breiten Masse der Läufe im deutschsprachigen Raum. Tja was ich ausdauermäßig recht gut über die Runden bekam, fehlte mir dann halt an Oberkörper. Daran wurde beginnend mit Oktober somit intensiv gearbeitet

Auf geht’s in den Norden
Als gute Trainerin lies es sich Verena natürlich dann auch nicht nehmen und begleitete mich nach Schweden. Åkersberga liegt etwa 30 Autominuten vom Flughafen Arlanda entfernt und hat sich durch den Ultimate OCR zu einer Bekanntheit in der skandinavischen Hindernislaufszene gemausert. Die Startliste wies rund 1.400 Starter aus, die überwiegend aus schwedischen, norwegischen und dänischen StarterInnen bestand. Der Streckenplan ging eine Woche vorher online und lies meine Vorfreude noch mehr steigen.

Sogar ein zusätzliches (41stes) Hindernis

Renntag ja, aber diesmal gaaanz entspannt
Ich schrieb mich in die zweite allgemeine Startwelle um 11:45 Uhr ein und so starteten wir ganz entspannt in den Renntag. Ausschlafen, Frühstücksbüffet ohne Zeitdruck genießen, Laufsachen zusammenräumen, Supermarktbesuch und dann die 10min vom Hotel zum Startgelände spaziert.

Wetter und Stimmung gut!

Auf einer sehr neu anmutenden Multisportanlage (Leichtathletik und Fussball) fand sich das Start-/Zielgelände und es herrsche reges Treiben. Die Elitestarter sowie die Ultimate X Abenteurer (liefen 3x die Runde) scharrten schon in den Startlöchern und wurden auch dann gleich losgelassen. Auf der Laufbahn wurde gestartet und dort warteten auch gleich die ersten Hindernisse. Eine Mauer, ein Netz zum Durchkrabbeln und ein Gerüst zum Drüberklettern auf den ersten 100 Metern des Laufes.

Es wird ernst
Nach dem üblichen Aufwärmprogramm folge eine kurze Unterweisung in das bevorstehende Geschehen. Gebt auf euch und auf die anderen acht … Die Glocken dürfen nicht mit dem Fuß geläutet werden usw. In einer überschaubaren Startwelle von etwa 50 Leuten ging es dann mit 5 min Verfrühung 😊 hinaus in die Wälder im Umfeld des Sportzentrums. Ich ging das Rennen recht entspannt an, da mein Fokus ja auf das Bestehen der Hindernisse gerichtet war. Nach den ersten 3 Hindernissen folgte ein kurzes Laufstück durch ein Wäldchen hin zu Reifen und weiter zu dem sogenannten „Field of Joy“.

Alles schön in Reih’ und Glied

Das „Field of Joy“ war ein Kreuzungspunkt an dem 10 Stationen aufgebaut waren. Hier fanden sich diverse Rigs, der Tire Flip, der Chain und Tire Carry.

Da kommt Freude auf

Zum Field of Joy kehrte man im Verlauf des Rennens 4 mal zurück und konnte so von den zahlreich anwesenden Zusehern ausgiebig bewundert werden 😊. Beim Erstkontakt stand der Chaincarry am Programm der vergleichsweise leicht ausfiel. Die Kette (geschätzte 15kg) schulterte ich fix und trabte die Runde um den Fußballplatz brav ab.

Zahlreiche Volunteers die alles ordentlich halten

Die freundlichen Volunteers wiesen den Weg zurück auf die Laufstrecke die wieder in Richtung des Stadions führte. Tja 9km mit 41 Hindernissen ergibt rechnerisch ein Hindernis alle 220 Meter. Tja und genau so ging es auch weiter

Eine “beschränkte” Variante der Inverted Wall

Ein kurzes Laufstück und schon kam eine altbekannte Wand in neuer Art. Es war die Inverted Wall aber mit einem Art Bahnsystem. Die gesamte Breite der Wand war in etwa 1m Sektionen (durch Steher getrennte) aufgeteilt. Die Wand musste überwunden werden ohne dabei die Seitensteher zu verwenden. Bedeutet eine Art Muscle Up (Trittleiste war vorhanden) rauf, oben schnell das Bein hoch und drüber.

Viel Natur und viele Hindernisse
Die Strecke führte in langen Schleifen auf herrlichen Trails und Schotterwegen kreuz und quer durch den Wald und bot mit ein paar kurz-knackigen Anstiegen auch was für die Oberschenkel. Mitten drin fand sich ein kleiner Hügel, der natürlich auch in den Lauf eingebaut wurde. Der „Merrell Hill“ diente als Strecke für den Log Carry und sorgte dafür das einem bei den schattigen Temperaturen im Wald schnell wieder warm wurde 😊

Der Wald bot alle Klassiker die man aus anderen Läufen auch so kennt. Mauern, Tragepassagen, eine Seiltraverse, Tricepsbars, ein Cargonetz, eine 6x Over-Under Kombo … kurzum es wurde nicht langweilig. Ein weiterer sehr positiv anzumerkender Punkt ist die Platzierung der Labestationen. Durch die sich mehrmals kreuzende Strecke kam man an den 2 Labestationen in Summe 4 mal vorbei und konnte sich so mehr als komfortabel rehydrieren.

Meine Lieblinge fanden sich natürlich fast ausschließlich am „Field of Joy“. Es waren die Rigs. Ich freute mich jedes Mal aufs neue, wenn ich aus dem Wald wieder rauskam und es ein neues Rig wartete. Ringe zum Schwingen, Seile zum Schwingen, Monkeybars, Schlaufen und ein Lowrig lassen Schultern und Arme sukzessive erhärten 😊

Tarzan lässt grüßen

Schwedische Zapppelschlingen

Das Ende in Sicht
Nach einer kurzen „Erholungsschleife“ mit kurzem Anstieg im Wald zeigte der Kilometerzähler 8 an und in mir setzte die wohlige Gewissheit ein, dass es dem Ende zuging. Bis dahin schaffte ich alle ohne größere Mühen und war guter Dinge. Doch es kam noch ein Low Rig. Das Low Rig ist ja getreu seiner Namensgebung nur etwa 1,50 über dem Boden und beansprucht so zusätzlich auch die Bauchmuskulatur recht deutlich. Ich zögerte nicht und stieg forsch und kopfvoran in den Parkour. Eine Querstange hin zu 2 Ringen und einer Beinschlaufe.

Getin’ low

Hoppla kopfvoran war nicht so gut, also umdrehen mit angezogenen Beinen … Der Boden ist Lava 😊 Mit sicherem Tritt in die Schlaufe und dann weiter auf die Querstange die zur Rast diente.

Und nu?

Eine recht fiese Kombination aus einem Ring zum Reinsteigen, einer Schlaufe, einem Griff und einem T-Stück (ebenfalls für die Beine) lies mich beim ersten Versuch noch scheitern. Ich steckte mit beiden Beinen im Ring fest und wurschtelte mich mit etwas Glück zurück auf die Querstange. Verflixt noch eins wie soll denn das gehen? Neben mir haderte ein anderer Läufer mit derselben Thematik und wir sahen uns ratlos an. Die Lösung des Rätsels kam in Form eines Ultimate X Teilnehmers der affenartig locker Durchschwung und die Glocke läutete.

Einfach zur Schlaufe greifen und mit Schwung weiter in das TStück. Dabei noch gutaufpassen, dass man ja mit beiden Beinen gleichzeitig ins T-Stück steigt. Ich schnaufte tief durch, langte zum 2ten Seil und schaffte es tatsächlich halbwegs sicher auf das TStück … yeaaaaaa und „bing bing bing“ zur Glocke.

2 Rigs zum Ziel
Die Stimmung himmelhoch trabte ich auf dem letzten Kilometer hin zum Ziel. Es folgte unterwegs noch ein weiteres Lowrig mit 2 frei hängenden Querstangen. Dies überwand ich aber im Glücksrausch ohne Mühe und weil man ja auch die Beine hochlegen durfte 😊

Eine Rutschpartie

Hinein ins Stadion über ein Gerüst und eine kleine Balancewippe hin zum Grande Finale. Für das letzte Rig zog die Orga noch einmal alle Finessen aus dem Fundus. Frei schwingende Platten mit Griffleisten, Griffe, Querstangen und ein Rad vor der Glocke forderten noch einmal höchste Konzentration.

Wer es gerne härter mochte, konnte sich an der Hardlane versuchen, die über keine Trittleisten verfügte. Ich wählte eine normale Bahn und absolvierte auch dieses Rig erfolgreich. Stolz und sehr sehr zufrieden schritt ich über die Ziellinie und holte mir eine schmucke Medaille ab.

Mein Fazit
Der Ultimate OCR bietet ein Hinderniserlebnis der dichten Art. Am Ende standen 9,7 KM samt 120 Höhenmetern auf der Uhr und dazu wie schon erwähnt 41 Hindernisse. Es gibt keine Strafen bei Nichtbewältigung (was mir persönlich sehr gut gefällt) sondern man darf es mehrmals probieren. Um in der Elite zu starten benötigt man eine entsprechende Qualifikation entweder über eine Platzierung in den eigenen Qualistartwellen oder über eine anerkannte Laufveranstaltung. In der offenen Klasse hat man die Möglichkeit sich auf den Hindernissen „auszutoben“ und trotzdem geht es allgemein sehr engagiert zu. Eine top organisierte Veranstaltung die sich die Möglichkeit der Qualifikation für OCR WM und/oder EM mehr als verdient.

Die Hardfacts
Streckenlänge: 9,7 KM
Höhenmeter Anstieg: 120
Hindernisse: 41

Florian “Köttbullar4Life” Zuschnig