Hero Race Winter Moskau (RUS) – 12.02.2022

Was war das nur für ein geiles Wochenende? Alle Mühsal mit behördlichen Erfordernissen, der „ewig“ nicht funktionierenden Laufanmeldung, der Reaktionslosigkeit des Laufveranstalters, militärischen Muskelspielen und zum Drüberstreuen natürlich die Seuche sind vergessen. Aber fangen wir von Anfang an, mit dem Vorhaben einen großen Fleck auf der d.c Landkarte mit einem satten orange zu erfüllen. Die OCR Szene in Russland hatte ich schon seit gut 3 Jahren im Auge und beobachtete eine stetige Entwicklung. Die sprachliche Barriere mit Russisch resp. der kyrillischen Schrift lässt sich mit Übersetzungstools gut überwinden und so landete ich irgendwann bei der Laufserie Heroleague. Mein Abenteurerherz schlug bei einem Video zum Winterlauf bis zum Hals als ich tief verschneite Landschaften und die Hindernisse sah. Also forschte ich ein wenig weiter und fand heraus, dass der Winterlauf in Moskau stattfinden soll. Dann kam eine knapp 2-jährige „Pause“ für meine OCR Reisen.

Im Oktober 2021 fasste ich den definitiven Entschluss nach Moskau zu reisen um am Winterlauf der Heroleague teilzunehmen. Der 12.02.2022 stand auf der Seite zu lesen, also machte ich mich an die Planung und leistete Überzeugungsarbeit bei einer Handvoll enger Freunde zwecks Begleitung. Schließlich fanden sich Andi, David und Steffi zur d.c Eroberung von Russland. Die nächsten Wochen vergingen mit einem Wechselbad der Gefühle zwischen Vorfreude, Ärger und Angst ob wir nicht wieder kurzfristig von der Seuche ausgebremst werden. Der administrative Aufwand in den derzeit erschwerten Umständen kostete uns allen einige Nerven aber am 19.01.2022 war es dann so weit. Die Visa klebten in den Pässen, die Flüge und Hotel waren gebucht, das Auto reserviert, die Lauftickets waren gekauft … Moskau wir kommen! Die Nacht vor dem Abflug war für uns alle nochmal angespannt. Kommt das PCR Testergebnis rechtzeitig? Hab‘ ich was vergessen einzupacken? Was brauch ich noch? Was will die Lauforga noch in letzter Minute? Wir bestiegen den Flieger und nach 3 Stunden landeten wir am Flughafen Domodedovo und stellten uns der Einreisekontrolle. Alles ging gut und unsere paar Brocken Russisch (Guten Tag, Bitte, Danke, Ja, Nein, Ich verstehe nicht, 😊) kamen erfolgreich zum Einsatz. Das Ausfassen des Mietautos kostete noch einmal Nerven aber nach gut einer Stunde machte sich unser Grüppchen auf, auf die 5 spurigen Autobahnen zum Hotel. Ich wählte ein Hotel im Südwesten vom Stadtzentrum mit U-Bahnanbindung, da ich keine Lust hatte in der Moskauer Innenstadt herumzufahren.

Den Freitag verbrachten wir mit Sightseeing, ein bisserl Shopping und ein bisserl Saunieren. Moskau ist riesengroß, wunderschön und stellenweise so amüsant gegensätzlich. Hochmoderne Ubahn Garnituren die superleise mit perfekter LTE Verbindung, WLAN und digitalen Anzeigen durch die Tunnel sausen und dann gibt es bspw. am Flughafen nur einen Scanner für digitale Tickets bei der Ausreisekontrolle. Wir staunten, wir hatschten, wir lachten, wir verbrachten einen tollen ersten Tag in Moskau.

Der genaue Zeitplan vom Veranstalter nahm uns ein wenig der Anspannung, denn es fand sich darin die Info, dass unser Registrationsfenster von 10:30 bis 11:30 Uhr sei. Insofern konnten wir am Samstag gemütlich frühstücken und machten uns ordentlich gestärkt auf nach Alabino. Alabino lag von unserem Hotel gut eine Autostunde entfernt. Ich hatte vorab in meinem Navi das Start/Zielgelände markiert und ein aktuelles Kartenpaket geladen. Insofern könnte man meinen, dass man dann recht entspannt anreist. Ich wusste das in Alabino ein riesiges Übungsgelände der russischen Armee zu finden ist jedoch nicht, dass das Übungsgelände mitten in der Ortschaft beginnt. Tja und so standen wir plötzlich von einem bewachten Checkpoint und das Navi sagte „fahren sie geradeaus“. Versuche die lt. Kartenmaterial vorhandenen Ausweichstraßen zu verwenden schlugen fehl. Der Winter hatte die Landschaft gut in Schnee gehüllt und so litt der Unterboden gehörig 😊

Hilft alles nix und dann halt wieder zurück auf die Hauptstraße und die nächste Kreuzung rechts. Vor uns Fahrzeuge die so aussahen als ob sie auch zum Lauf fuhren, reihten wir uns hinter ihnen ein und folgten. Wieder ging es auf einen Checkpoint zu und etliche grüne Männlein marschierten dort herum und prüften die Ankommenden. Ein kurzer Moment des „Oh Gott die überprüfen das Auto vor uns und jetzt kommen’s zu uns“ wurde aber dann durch ein paar nette Worte in gutem Englisch des Soldaten wieder zerstreut. Ja, wir waren richtig und durften weiter. Dann nochmal 2 Stationen mit Wachposten und wir fuhren durch ein russisches Armeegelände. Grüne Männlein hier, grüne Männlein da, Panzerfahrzeuge, Lastwagen … wir staunten und waren megamäßig begeistert. Einen kurzen Fußmarsch vom Parkplatz entfernt, tauchte dann das Gelände auf. Wir blickten von einer kleinen Anhöhe hinunter auf einen Fußballplatz in einer tief verschneiten Winterlandschaft. Satte Technobeats von einer kleinen Bühne, diverse Zelte, ein paar Hindernisse und emsiges Treiben der Elite und Age Group Starts empfingen uns. Wir sahen uns ein wenig um und beäugten die gewaltige Quaterpipe die markant vor der Ziellinie aufgebaut war. Was für ein Anblick … steil, groß und glatt stand sie da. Was ist das davor? Ein paar Meter dahinter war ein Geschicklichkeitshindernis aufgebaut. Ein horizontales Cargonetz zum Drunterdurchhangeln gefolgt von 2 Rädern die es mit Schwung&Sprung zu bezwingen galt. Hallo Griffkraft!!

Schnell noch die Registration erledigt und schon hielten wir unsere Startnummern samt Müllsackerl für den Bagcheck in Händen. Wir sparten uns das Aufwärmen und stellten uns gleich in die Zugangsschlage zum Startbereich. In kleinen Wellen wurden stetig die Teilnehmer losgelassen und so kamen auch wir rasch an die Reihe. Tschetyre … Tri … Dwa … Adin und looooos! Wir trabten auf die Schrägwand zu und erklommen diese problemlos 😊 David, ich, Andi und Steffi stapften im Gänsemarsch durch den tiefen/verspurten Schnee. Gelegentliche Gewehrsalven zauberten uns ein Grinsen ins Gesicht „Do wird gschossn … Welcome to Russia“. Eine Runde Sandbagcarry und wieder Gestapfe. Wir unterhielten uns wie das wohl für die Elite gewesen sein muss als erste durch den Tiefschnee zu laufen, wir lachten und lauschten dem Geballere. Es kam ein großes militant aussehendes (weil sehr massiv) Kraxelhindernis und dann noch eines und dann standen die ersten grünen Männlein mit AK’s da und feuerten uns im wahrsten Sinne des Wortes an. Dawai, Dawei und dann *ratatatata* gab‘s eine Salve Übungsmunition in die Luft. Im Osten geht es wild zu und es machte uns einen riesen Spaß. Diverse Wände, Rohre, weitere Kletterhindernisse, robben … gemischt mit ein paar laufbaren Streckenteilen machten richtig Laune.

Bald begannen dann die Hindernisse auch technisch anspruchsvoller zu werden. Eine Twister Variation machte den Anfang, gefolgt von einem sehr steilen Monkeybar A-Frame, einem überhängenden Cargonetz das es seitlich zu queren galt, ein Lowrig sowie eine Hangelwalze brachten unsere Unterarme mehr und mehr zum Brennen. David bezwang alle Herausforderungen stoisch, aber bei mir war hier schnell Feierabend. Steffi und Andi kämpften noch tapfer weiter aber auch hier zeichneten sich die Ermüdungserscheinungen sichtbar ab. Ein Reifenstapel, ein Cargonetz und weitere Monkeybars lockerten uns wieder auf bevor es dann erneut mit Multirigs weiterging. Ein (erdrückendes) Highlight kam auf dem letzten Kilometer. Ein Gestell mit Autoreifen, etwa 6m lang und man muss sich in der Mitte bäuchlings durchzwänge. Was haben wir geschnauft und gestöhnt. Erschreckend eng und durch den Frost auch noch zusätzlich erschwert. Die Autoreifen wollten stellenweise nur unter größter Anstrengung nachgeben und wir waren sehr froh, als wir am Ende wieder rauskamen. Definitiv nix für Klaustrophobiker!

Einmal Durchgeschüttelt, die Hauben gerichtet und weiter im Gänsestapfmarsch. Die „Gewehrsalven“ vielen plötzlich dumpfer und länger aus. „Hmmm … des klingt aber nimma nach AK, des is was größeres“ meinte ich zu David. Ja dem war so. Neben einem weiteren Hangelhindernis mit Twisterkombination fanden sich 4 grüne Männlein, ein PKM Maschinengewehr und ein Kameramann. Das PKM wurde ebenfalls mit Übungsmunition befeuert und donnerte uns gewaltig laut etwas vor „Welcome to Russia“ 😊 Wir zogen weiter auf einen kleinen Hügel und es nahte das grande Finale. Ich versuchte mich kurz am vertikalen Cargonetz aber die Unterarme waren restlos geleert. Steffi und Andi folgten mir auch bald nach und so feuerten wir David an der sich gekonnt und herrlich anzusehen durchschwang. Nur noch die Quaterpipe stand zwischen uns und der Ziellinie. Ein mächtiger schwarzer Turm zu dessen Fuße sich eine Schar Abenteurer versammelte. Die letzten 3 senkrechten Meter warfen viele wieder ab und es gab eine wilde Rutschpartie rückwärts. Doch auch dieses Monster erklomm David in affenartiger Eleganz und bot seine helfende Hand von oben an. Andi und ich versuchten es 2 mal, aber es sollte einfach nicht sein. Totalski kaputtski trotteten wir daneben vorbei und querten die Ziellinie.

Egal … wir waren stolz, bekamen eine Hundemarke umgehangen und eine dicke Umarmung der Medaillenmädels gabs obendrein. Das gewärmte Umkleidezelt tat uns wohl und mit überwältigenden Eindrücken verließen wir das Übungsareal Alabino.

Nach einem geselligen Bad und dem wohlverdienten Finisherbierchen zogen wir unter Führung von Steffi dann nochmal los ins abendliche Moskau. Wir besichtigten ein paar als besonders sehenswert bewertete U-Bahn Stationen, statteten dem Hard Rock Cafe einen kurzen Besuch ab, speisten vorzüglich in einem kleinen Restaurant und flanierten nochmal über den roten Platz bevor die Müdigkeit uns wieder ins Hotel lockte. Tja aber gleich ins Bett nach so einem Tag? Sicherlich nicht!  Die Details des Hotelbarabends bleiben geheime KGB Verschlusssache, Aktenname Hiroshima😉

Dosvidanja Maskwa und bolschoi spasiwa an meine Reisegruppe für ein unvergessliches Wochenende!

Mein Fazit zum Lauf:
Wie schon anfangs erwähnt verfolgte ich die Entwicklung des OCR Sports in Russland und war beeindruckt von der Qualität der Läufe von denen ich mir Videos angesehen habe bzw. deren Internetseiten ich besucht habe. Die Hero League Serie bietet ein Top Niveau und reiht sich in meiner Laufliste ganz oben neben der dänischen Reborn Serie ein. 8km mit 30 qualtitativen Hindernissen, etliche Multirigs und Twister machen die sache technisch und kraftmäßig sehr anspruchsvoll. Neben Elite und Age Groups kann man aber auch die Sache (wie wir) entspannt angehen und sich an den technsichen HIndernissen versuchen. Überall wo knifflige Hindernisse standen, waren auch Instruktoren vor Ort die einem beratend zur Verfügung standen. Der abenteuerliche Charme mit Gewehrsalven, dem militärischen Übungsareal machen diesen Lauf zu etwas sehr besonderem. Russland hat richtig starke OCR Athleten in seinen Reihen und wenn man die Läufe der Hero League betrachtet, weiß man warum.

Florian “Ja ne govorju po-russki” Zuschnig

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