Wo der Almrausch und der Enzian blühen – Großglockner-Berglauf am 17.07.2016

Während sich eine Abordnung der dirtrun.company an diesem Wochenende wacker beim Strongman-Run in der Flachau schlägt, macht sich eine andere auf in das beschauliche Örtchen Heiligenblut auf 1.288 m Seehöhe, um den Großglockner – oder richtig gesagt die Kaiser Franz Josefs-Höhe auf 2.369 m Seehöhe – zu erstürmen.

Lange haben wir uns auf diesen Lauf gefreut. Zum einen findet er vor einer atemberaubenden Kulisse statt und bringt uns ganz nahe an das Dach Österreichs und zum anderen bietet er eine willkommene Abwechslung zu unseren Hindernisläufen. Die Strecke soll von Heiligenblut auf die Sattelalm, vorbei an der Bricciuskapelle über die Trogalm und schließlich auf die Kaiser Franz-Josefs-Höhe führen.

Martin, Ryan, Bernhard und ich machen uns bereits am Samstag auf den Weg, während der Rest der Truppe am Sonntag nachkommt. Vorab sei erwähnt, dass dieser Lauf ganz hervorragend organisiert ist und man für sein Geld (Startgebühr: EUR 55,00) wirklich viel erhält.

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Am späten Nachmittag checken wir in unserer Pension ein (Ferienhäuser Thalbach – sehr zu empfehlen). Unsere resolute Wirtin kennt uns bereits und ist auf motivierte Bergläufer bestens eingestellt. Nach dem Zimmerbezug geht es gleich los in das Ortszentrum zur Startnummern- und Startsackerlausgabe. Es funktioniert alles bestens und es gibt keine Wartzeiten. Rund um den Startbereich gibt es die Großglockner-Expo, bei der man T-Shirts, Laufschuhe und alles mögliche Zubehör kaufen kann. Es gibt auch die Möglichkeit, Laufschuhe direkt beim Berglauf zu testen. Ab 17 Uhr findet die Pasta-Party statt, bei der jeder Läufer ein Tellerchen Nudeln sowie ein Getränk erhält. Nachdem es aber eben nur ein Tellerchen ist und wir morgen viel vorhaben, fahren wir noch in das Gasthaus Hohe Wand, um richtig aufzuladen. Unser kanadischer Freund haut richtig rein und bestellt gleich Kärntner Käsnudln und Kletznnudln.

Am nächsten Morgen ist das Wetter leider schlechter als im Vorjahr. Mir persönlich tut es für die Glockner-Neulinge leid, denn den Gipfel sehen wir kein einziges Mal. Trotzdem kann nichts unsere Vorfreude trüben. Es regnet leicht, ist aber ansonsten angenehm warm. Wir geben unsere Säcke mit frischen und trockenen Sachen ab, die von einem Lastwagen in den Zielbereich gebracht werden und dann geht es auch schon langsam ans gemütliche Aufwärmen. Der Start erfolgt in vier Blöcken, los geht es um 9.30 Uhr. Die ersten zwei Kilometer werden hinaus aus dem Ort und auf Asphalt gelaufen. Obwohl wir uns noch in flachem Ortsgelände befinden (was sich zum locker Einlaufen hervorragend eignet), erhalten wir bereits einen Vorgeschmack auf die Idylle, die uns erwartet. Rechts plätschert der Bach, links gibt es grüne Wiesen und am Ende des Ortes sitzt die freiwillige Feuerwehr und spielt Ziehharmonika.

13690807_938748782937245_6036710421407401197_nNun startet aber unser Berglauf. Immer noch auf Asphalt laufen wir ca. einen halben Kilometer lang die erste Steigung, bis wir den Wald betreten. Es wird immer steiler und das ist auch schon die erste von insgesamt vier wirklich knackigen Steigungen.  Der in Kehren verlaufende Weg ist anfangs noch recht breit und lässt ein Überholen gut zu. Sieht man ins Tal hinunter, wird einem bewusst, wie flott man in die Höhe gelangt. Nun wird der Weg schmaler und noch steiler und so mancher Läufer beginnt sich bereits jetzt zu fragen, wann diese Steigung denn bitteschön vorbei ist. Lange dauert es nicht mehr, denn ein Schild kündigt an, dass nur mehr 100 Meter bis zu ersten Labestation in flachem Gelände zu laufen sind. Es gibt Bananen, Orangen, Wasser, Iso-Getränke, Schwämme zum „Schweiß abtupfen“ und sehr motivierte und motivierende Helfer.

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Die nächste Passage verläuft über flaches Almgelände und ist einfach herrlich. Man ist nun richtig warmgelaufen und kann sich von der ersten Steigung erholen, atmet Thymian- und Kuhfladenduft und genießt das alpine Gelände. Bald ist es aber mit dem Genießen schon wieder vorbei, denn es naht das nächste Steilstück, das es richtig in sich hat. Der Weg ist hier nur mehr ein recht schmaler Trail, auf dem Überholen zum Kraftakt wird. Am Ende der Steigung verlassen wir den Schutz des Waldes und werden plötzlich von einem eiskalten Windstoß erfasst. Ein Schild, welches wir Hindernisläufer sonst so gar nicht kennen, sagt uns freundlicherweise, dass es noch 6 km bis zum Ziel sind. Wir befinden uns also bereits in der zweiten Hälfte des Laufes und nun im hochalpinen Gelände, was sich durch die feuchtkalte Witterung bemerkbar macht. Da kommt die nächste Labestation bei etwas über 6 zurückgelegten Kilometern gerade zur rechten Zeit. Ich ahne schon, dass mir das immer kältere und nassere Wetter verbunden mit den Steigungen noch einiges abverlangen wird und tanke nochmals richtig auf.

Es geht wieder weiter auf schmalen Trails und wiederum in etwas flacherem Gelände. Trotz des schlechten Wetters ist die Aussicht grandios und immer wieder bleiben Läufer stehen, um sie zu in vollen Zügen zu genießen. Die Felswände der gegenüber liegenden Berge werden immer schroffer und der Weg immer steiniger. Der Regen ist stärker geworden und die eiskalten Tropfen fühlen sich im Gesicht wie Nadelstiche an. Langsam merke ich, dass meine Hände stark auskühlen. Ich entschließe mich dazu, auch im flachen Gelände nicht mehr mühsam zu überholen, um Energie zu sparen und trotte meinen Vorläufern brav hinterher. Links und rechts blühen der Enzian und der Almrausch und entspringen aus den Felsen kleine Bächlein… 🙂

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Bei Kilometer 9 gibt es die dritte Labestation. Wir kommen nun ins letzte Drittel des Laufes und ich  kann die Anstrengung deutlich spüren. Es ist noch ein bisschen kälter und windiger geworden. Der Weg führt uns nun fast ausschließlich über Geröll und flache Felsplatten, die aufgrund des Regens sehr glatt sind. Angesichts der einsetzenden Müdigkeit muss man höllisch aufpassen, dass man sich nicht verletzt. Wir werden hier mit dem Blick auf den Margaritzen-Stausee belohnt und man kann nun auch bereits das Ziel, die Kaiser Franz Josefs-Höhe, sehen. Der Abschnitt zwischen der dritten und der vierten Labestation zieht sich wie ein Kaugummi. Man kann zwar oberhalb der Baumgrenze die Entfernungen gut sehen, aber der Weg verläuft immer wieder in Kurven und Kehren, sodass die Distanzen größer als gedacht sind. Es ist nochmals kälter geworden und nun spüre ich meine Hände fast nicht mehr.

Die vierte Labestation befindet sich am Fuße des letzten Anstieges, der von vielen „Himmelsleiter“ genannt wird. Die Läufer müssen 350 steile Holz- und Steinstufen auf einem knappen Kilometer bewältigen. Die Stufen sind teilweise sehr hoch, sodass große Schritte gemacht werden müssen, und zudem ganz unterschiedlich, sodass man keinen richtigen Rhythmus findet. Gepaart mit der Tatsache, dass man so gut wie keine Energie mehr übrig hat, kann man dieses Stück wohl eher als „Höllenleiter“ bezeichnen. Auf diesem letzten Abschnitt wird die noch verbleibende Distanz in 200 Meter-Schritten angezeigt. Ein Blick nach oben zeigt, dass das Ziel so nah und doch so fern ist. Ich spüre meine Hände nun gar nicht mehr und hake in Gedanken den sonst obligatorischen Ziel-Burpee ab. Der Berg zeigt den Läufern in diesem Jahr seine kalte Schulter und beim Schild „noch 300 Meter“ möchte ich mich eigentlich hinsetzen, eine Decke entgegennehmen und etwas essen. Just in diesem Moment schnauft meine Rettung in Form unseres DUKE David heran. „Komm, häng dich an mich dran“. Sprechen kann und mag ich zwar nicht mehr wirklich, aber ich tue, wie mir geheißen und so gelange ich irgendwie über die letzten 200 Meter und die allerletzte Holztreppe (schon wieder Stufen…) auf die Zielgerade, ein Asphaltstück von ca. 50 Metern Länge.

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Im Ziel erwarten den Läufer eine warme Fleecedecke und natürlich eine Medaille. Ein paar Kollegen sind schon da, ein paar nicht,  und so bahne ich mir den Weg vorerst zum großen Parkdeck, in dem man seinen mitgenommenen Sack mit trockener Kleidung abholen und sich umziehen kann. Anschließend bekommt man eine heiße Suppe sowie Kuchen und Getränke. Die Stimmung ist gut und alle freuen sich über ihren Erfolg. Es ist aber nicht wärmer geworden und die Strapazen und die Kälte stehen uns allen ins Gesicht geschrieben. Deswegen fahren wir recht schnell mit dem Shuttlebus zurück nach Heiligenblut. Weil wir kein Zimmer mehr haben, nehmen wir die Möglichkeit für die Bergläufer, im Hallenbad zu duschen, gerne in Anspruch und machen uns auf den Weg zurück nach Wien.

Fazit: Dieser Lauf mag zwar für uns, die wir normalerweise ganz andere Höhen, Distanzen und Hindernisse überwinden, einfach klingen. Das ist er aber, wie wir heuer gesehen haben, nicht. Die selektive Strecke lässt einem viele Möglichkeiten zur sportlichen Entfaltung offen. Das Streckenprofil ist trotz der 1.500 zu überwindenden Höhenmeter sehr angenehm, weil auf die Steigungen immer wieder flachere Passagen folgen, auf denen man sich erholen kann. Wer dennoch unterfordert ist, kann sich zusätzlich am Tag zuvor an der Bike Challenge versuchen. Ich persönlich mag den Lauf in dieser atemberaubenden Umgebung sehr und kann ihn nur jedem als Abwechslung zum Hindernislaufen wärmstens ans Herz legen.

(Kristina Wascher)

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